Sondersteuer für den E-Commerce?
Ein Versuch den lokalen Handel zu unterstützen.
Die Nachteile für den stationären Handel wegen der wachsenden Onlinenachfrage abzumildern, scheint derzeit notwendig.
Deshalb ist aktuell eine Sondersteuer für den Onlinehandel im Gespräch.
Diese Steuer soll zugunsten der kleinen, lokalen Ladengeschäfte erhoben werden.
Doch wird eine E-Commerce Steuer wirklich durchgesetzt?
Ist das der richtige Weg zur Stärkung des stationären Handels oder lediglich ein Versuch den Prozess zur vollkommenen Digitalisierung des Einzelhandels zu stoppen?
In diesem Beitrag erläutern wir wichtige Standpunkte zum Thema Sondersteuer für Onlinehändler und gehen auf mögliche Probleme davon ein.
Der Onlinehandel im Wachstum
Die Digitalisierung spielt in vielen Bereichen eine Bedeutsame Rolle, so auch im Einzelhandel.
Der E-Commerce, also der Bereich des Onlinehandels, wird im Vergleich zum stationären Einzelhandel zunehmend größer. Das Verkaufen im E-Commerce bietet eine große Anzahl an Möglichkeiten, seine Waren und Dienstleistungen online zu präsentieren, wobei es verschiedene Arten von E-Commerce zu unterscheiden gibt.
Neben der Digitalisierung wirken sich auch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise enorm auf das Wachstum des E-Commerce aus. Der Lockdown im März 2020, sowie auch die nachfolgenden Schließungen des stationären Einzelhandels, lösten sogar einen regelrechten Boom aus. Dieser Verkaufsschub sorgte dafür, dass der Umsatz des E-Commerce allein von Januar bis Juni 2021 um 26,6 Prozent stieg.
Die wachsende Bedeutung des E-Commerce verändert auch das Einkaufsverhalten der Konsumenten, welche nun zunehmend Produkte wie Bücher, Unterhaltungsmedien und Elektronikartikel online bestellen, anstatt diese im lokalen Einzelhandel zu erwerben.
Schätzungen der Nasdaq Inc. gehen sogar davon aus, dass sich bis 2040 rund 95 Prozent der Einkäufe ins Internet verlagern werden.
Raoul Roßmann fordert Hürden für Onlinehändler
Um dem Aussterben des stationären Einzelhandels entgegenzuwirken, fordert Raoul Roßmann, der Erbe und Inhaber der Drogeriekette Rossmann, eine Einführung von Hürden für große Onlinehändler wie Amazon und Zalando.
Dies könnte beispielsweise in Form von Paket- oder anderen Sondersteuern für den E-Commerce Bereich geschehen. All diese Abgaben sollen bei den Onlinehändlern erhoben und direkt ans Finanzamt abgeführt werden. Solche steuerlichen Einnahmen können dann für die Unterstützung des stationären Einzelhandels verwendet werden, insbesondere für Händler, welche besonders unter den Auswirkungen der Corona-Krise leiden.
Auch Bremens SPD-Bürgermeister Andreas Bovenschulte fordert eine solche Sondersteuer für Onlinehändler, da diese stärker aus der Pandemie gegangen seien und teilweise sogar Profit gemacht haben. Stattdessen sollen die durch den Lockdown schwer angeschlagenen, stationären Händler in den Innenstädten entlastet oder finanziell gefördert werden, um den lokalen Einzelhandel in den zu sichern.
Nachteile einer E-Commerce Sondersteuer auch für stationäre Handler denkbar
Die E-Commerce Sondersteuer soll vor allem den kleinen, stationären Geschäften helfen sich im Marktwettbewerb zu halten und nicht von den großen Onlinegiganten abgehangen zu werden.
Durch die Corona-Krise haben sich jedoch auch einige stationäre Händler die Chancen des E-Commerce zu Nutze gemacht und ihr Geschäftsmodell um einen Online-Auftritt und -Verkauf ergänzt. Die E-Commerce Sondersteuer würde also auch diejenigen treffen, denen die Steuer eigentlich helfen sollte.
Deshalb sollte an dieser Stelle unbedingt überlegt werden, ob weitere Kennzahlen wie ein gewisser Jahresumsatz oder eine bestimmte Geschäftsgröße ausschlaggebend für das Erheben einer Sondersteuer sind. Würde die Steuer sich nur am Bestehen eines online existierenden Shops orientieren, könnten Kleinunternehmer sich nicht im E-Commerce halten.
Eine Steuer gegen den Fortschritt?
E-Commerce bedeutet einen großen Fortschritt für den Einzelhandel. Onlinehändler gehen dabei mit der Entwicklung der Technik mit und nutzen häufig die Kombination aus Webseiten und Apps, um ihren Handel voranzutreiben.
Eine Steuer speziell für den Onlineeinzelhandel würde also eine Steuer gegen den laufenden Fortschritt bedeuten. Außerdem würde sie den Marktwettbewerb in Deutschland verzerren und erfolgreiche Online-Unternehmen würden für ihren Erfolg „bestraft“ werden.
Händler und Unternehmer würden dazu gedrängt werden Impulse für die eigene Weiterentwicklung durch politische Mittel zu unterdrücken und den Bereich des E-Commerce wieder zu verkleinern. Stattdessen müssen Technologien gefunden werden, welche den Onlinehandel, sowie auch den stationären Einzelhandel vorantreiben und wirkungsvoll unterstützen.
Auch mit einer E-Commerce Sondersteuer würde sich das Voranschreiten der Digitalisierung nicht aufhalten lassen – wenn überhaupt – würde sich der laufende Prozess lediglich verlangsamen.
Wird die Einführung einer Paketsteuer oder Sondersteuer für den E-Commerce wirklich durchgesetzt?
Dass der Einzelhandel gestärkt werden sollte, da sind sich Branchenvertreter, Politiker und Ökonomen grundsätzlich einig.
Ob es dafür allerdings staatliche Hürden für den Onlinehandel bedarf, wie es Roßmann und Bovenschulte vorschlagen, bleibt umstritten.
Sowohl der Handelsverband HDE als auch der Chef der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv.) sehen eine E-Commerce Sondersteuer nicht als Lösung des Problems.
„Es wäre falsch und rechtlich sicher auch fragwürdig, den Einzelhandel je nach Vertriebsweg unterschiedlich zu besteuern.
Wir brauchen keine Strafsteuer für den Onlinehandel, sondern eine Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs unter Einhaltung aller Regeln und Gesetze.“, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.
Anstatt einer Einführung von „Strafsteuern“ für den Onlinehandel fordert die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv.), dass die Politik klare und verbraucherfreundliche Regeln für die digitalen Plattformen aufstellt.